Begriffsbestimmung
Unter einer Hypothese versteht man eine wissenschaftlich fundierte Annahme, die so formuliert ist, dass sie durch Erfahrung beziehungsweise ein Experiment bestätigt (verifiziert) oder widerlegt (falsifiziert) werden kann.
Hypothesen sind Basis für wissenschaftliche Theorien. Als Arbeits-Hypothese weisen Hypothesen der Forschung den Weg.
Tipp!
Eine Hypothese, die vielen empirischen Überprüfungen standgehalten hat, wird bewährt genannt.
Aufstellung und Überprüfung von Hypothesen
Eine Hypothese ist eine von einem Auswahlprinzip gestützte, in einer bestimmten Erkenntnisabsicht formulierte Erwartung über die Wirklichkeit.
Wie kann eine Hypothese überprüft werden? Das hängt mit der Struktur der Hypothese zusammen. Sie muss so formuliert sein, dass sie jederzeit revidierbar ist.
Die einzelnen Schritte der Überprüfung können wie folgt aneinander gereiht werden:
- Aufspaltung eines Begriffes in verschiedene Merkmale,
- Aufstellung des vermuteten Zusammenhangs zwischen den so gebildeten Merkmalen und
- Angaben über Verfahrenstechniken und Instrumente, d. h. darüber, wie dieser vermutete Zusammenhang durch Erhebung von Daten und durch Korrelation von Daten bestätigt oder verworfen werden kann.
Überprüfbarkeit kann in doppelter Hinsicht verstanden werden: Einmal müssen die in einer Hypothese verwendeten Begriffe so in Merkmale aufgespaltet sein, dass sie nicht nur in sich logisch zusammenhängen (logische Konsistenz), sondern dass auch jedes einzelne Merkmal von einem Dritten verstanden werden kann (objektive Konsistenz). Man nennt diesen Vorgang auch Operationalisierung.
Tipp!
Eine Hypothese ist dann operational, wenn sie grundsätzlich für jedermann in ihrem logischem Gehalt nachprüfbar ist und wenn ihre Merkmale objektiv (intersubjektiv) eingesehen werden können.
Der Sinn der Aufstellung einer Hypothese liegt also in ihrer empirischen Überprüfbarkeit. Das Resultat einer These kann entweder ihre Bestätigung (Verifikation) oder Nichtbestätigung beziehungsweise Verwerfung (Falsikikation) sein.
Man geht von der berechtigten Annahme aus, dass in der Regel nicht alle in einer Hypothese enthaltenen Einzelfälle untersucht werden können. Darum sollte man besser statt von der Möglichkeit der Verifizierung von der Falsifizierbarkeit ausgehen.
Demnach ist die Hypothese die beste, die die höhere Falsifizierbarkeit aufweist.
Dieser Sachverhalt soll an zwei Beispielsätzen erläutert werden:
- 1. Satz: Mit steigendem Einkommen nimmt der Konsum zu!
- 2. Satz: Mit steigendem Einkommen nimmt der Konsum unterproportional zu!
Der zweite Satz ist besser geeignet und daher exakter, weil er mehr einschränkt - mehr verbietet. Es soll nicht nur eine Konsumabnahme (wie beim ersten Satz) ausgeschlossen werden, sondern auch jegliche Zunahme, die nicht unterproportional ist.
Anforderungen für die Hypothesenaufstellung
- Die Herleitung von Hypothesen muss nachvollziehbar sein.
- Hypothesen dürfen sich nicht nur auf einen Einzelfall oder eine einmalige Situation beziehen, sondern müssen universell sein.
- Hypothesen müssen in sich folgerichtig, evident und widerspruchslos sein.
- Hypothesen müssen zur Überprüfung in ein empirisches Design übertragbar sein.
- Hypothesen müssen durch Formulierung einer Gegenposition empirisch überprüfbar sein.
- Hypothesen müssen die Ursache und Wirkung mit einfachen, möglichst kurzen und prägnant formulierten Sätzen entweder als Wenn-Dann-Konstruktion oder als Je-Desto-Konstruktion deutlich machen.
Tipps zur Erstellung von Hypothesen
Aus der Praxis der Forschungsarbeit wurden zwei Kriterien ermittelt, nach denen die Validität (Gültigkeit) und die Reliabilität (Zuverlässigkeit) der Untersuchung geprüft werden. können.
Reliabilität
Unter Reliabilität versteht man die formale Gültigkeit des Messens. Sie bedeutet die Übereinstimmung der Beobachtung unter gleichartigen Bedingungen. Die Zuverlässigkeit eines Instruments wird gemessen ohne Rücksicht darauf, was dieses messen soll.
Validität
Mit Gültigkeit meint man das Maß, inwieweit das gewählte Verfahren dem Forschungsziel entspricht. Die Validität gibt eine Antwort auf die Frage, ob das Instrument auch tatsächlich das misst, was gemessen werden soll.
Den Ablauf des Forschungs- bzw. Untersuchungsprozesses kann man in folgende Stufen unterteilen:
- (1) Theoretische Vorbereitung: Formulierung der Hypothese und Abgrenzung des Gegenstandsbereiches
- (2) Entwurf des Forschungsplanes: Auswahl der Untersuchungsanordnung, der Instrumente und der Auswertungstechniken, einschließlich der Operationalisierung allgemeiner Begriffe.
- (3) Durchführung: Sammlung des Materials.
- (4) Auswertung: Aufbereitung und Analyse der gewonnenen Daten, Überprüfung der gestellten Hypothese.
- (5) Theoretiische Schlussfolgerung: Abgrenzung des Geltungsbereiches der gewonnenen Aussagen, Herstellung des Zusammenhanges mit bestehenden Hypothesen bzw. Theorien, Offenlegung bzw. Veröffentlichung der gewonnenen Resultate für die Kontrolle bzw. Verwendung anderer Wissenschaftler.
Ein System logisch widerspruchsfreier, überprüfbarer Aussagen über einen Untersuchungsgegenstand, einschließlich der zu den Begriffen gehörigen Definitionen, bildet eine empirische Theorie.
So eine Theorienentwicklung in der Form eines umfassenden Hypothesengebäudes ist für die meisten wissenschaftlichen Arbeiten ein zu hoch gestecktes und für Praxisprojekte in der Regel ein nicht relevantes Ziel.